Wo-Wo-Wohnige! Ein Gespräch mit den Domicil-Gründerinnen

9. April 2025


Wo-Wo-Wohnige! Ein Gespräch mit den Domicil-Gründerinnen

Maya Käser und Helena Heuberger haben 1994 die erste Geschäftsstelle von Domicil an der Röntgenstrasse in Zürich eröffnet. Mit diesem Schritt wollten sie der Wohnungsnot in Zürich den Kampf ansagen.

Wie ist Domicil entstanden?

Maya Käser (MK): Domicil ist eigentlich die Fortsetzung eines Projekts, das ich für alleinerziehende Frauen
gegründet hatte: «Jolie Villa». Darin hatte ich bereits die Idee der Solidarhaftung umgesetzt. Mit der Zeit veränderte sich die Situation: Alleinerziehende Frauen waren gesellschaftlich nicht mehr so schlecht angesehen – und die grosse Nachfrage kam von Migrationsfamilien. Mit dem Bundesamt für Wohnungswesen konnten wir das Konzept von Domicil entwickeln, und das Bundesamt hat uns einen Teil
vorfinanziert.

Helena Heuberger (HH): Wir hatten 40'000 Franken zur Verfügung, als wir anfingen. Eigentlich ein wenig tollkühn, einfach so zu starten.

Ein Erfolgsfaktor von Domicil ist der Kontakt mit den Liegenschaftenverwaltungen.
Wurde das Angebot direkt verstanden und akzeptiert?

HH: Wir konnten uns schon sehr bald bei den Verwaltungen vorstellen, und ich glaube, sie waren häufig sehr erstaunt, wenn da zwei gut gekleidete Geschäftsfrauen kamen – sie hatten wohl etwas anderes erwartet. Wir
merkten, dass die Verantwortlichen sehr wohl Lust hatten, etwas Soziales in ihre Firmenkultur aufzunehmen.

MK: Die Solidarhaft war schon bei der Jolie Villa ein wichtiges Argument: Die Verwaltungen wollen wirklich die
Garantie haben – weil die Menschen, die wir unterstützen, nur wenig Geld haben.

Was war für Domicil der entscheidende Türöffner bei den Wohnraumanbieter:innen?

MK: Nebst der Solidarhaftung war es sicherlich der Punkt, dass wir nicht eine öffentliche Stelle sind. Die Verwaltungen bevorzugten die Zusammenarbeit mit uns, da wir als kleine Organisation fixe Ansprechpartner:innen zur Verfügung stellen konnten.

HH: Ihnen hat zudem gefallen, dass wir versprechen konnten, auch während des Mietverhältnisses zuständig zu bleiben.

Die Wohnungsknappheit in Zürich ist bekanntermassen immer noch ein Problem. Was hat sich verändert, und was ist gleich geblieben?

MK: Die Wohnungsknappheit war auch damals ein grosses Thema, sonst hätte es uns nicht gegeben. Als wir
anfingen, gab es jeweils wöchentliche Demos: «Wo-Wo-Wohnige!»

HH: Was jetzt dazukommt, ist die Preisfrage – dass die Wohnungen so viel teurer geworden sind. Es gibt heute nur sehr wenige Wohnungen im gesuchten Preissegment. Heute müsst ihr vermutlich auch direkt bei den Verwaltungen anfragen, um an die Wohnungen zu kommen. Der persönliche Kontakt war immer entscheidend für unseren Erfolg bei der Wohnungssuche.

Was ist euch aus dieser Zeit bis heute in Erinnerung geblieben?

Unsere Arbeit ist wirklich nachhaltig. Wenn man sich überlegt, wie viele Menschen mit uns eine Wohnung
gefunden haben. Das ist ein Dorf oder fast eine Kleinstadt, die wir stabilisieren konnten!

 

Foto: Helena Heuberger (links) und Maya Käser